Unter Neo-Trainer Jorge Sampaoli ist der FC Sevilla in der Primera División plötzlich auf Augenhöhe mit den Topklubs. Der Abo-Sieger der Europa League ist bereit für mehr.
Der FC Sevilla hat genug davon, zwar ständig die Europa League zu gewinnen, in Spanien aber nur eine Nebenrolle im Tabellenspitzenfeld zu spielen. In den letzten drei Jahren ging die zweitwichtigste Trophäe des europäischen Klubfußballs stets an den Traditionsverein aus der Hauptstadt Andalusiens, zudem hatte dieser 2006 und 2007 mit dem UEFA-Cup auch den Vorgängerbewerb der EL zweimal geholt.
So schön diese Erfolge auch sind, lediglich in Europas B-Turnier zu reüssieren, ist für einen Klub, der endlich ins Konzert der Großen aufsteigen will, auf Dauer nicht befriedigend. Denn wie auf nationaler Ebene, muss sich Sevilla auch international meist mit der zweiten Geige zufriedengeben. Erst zum vierten Mal nimmt der Verein aus der mit 700.000 Einwohnern viertgrößten Stadt Spaniens diese Saison an der Champions League teil, weiter als ins Achtelfinale (2008 und 2010) ist man dort bisher noch nicht gekommen.
In ‚La Liga‘ wiederum lässt sich der FC Sevilla seit 2009 nicht mehr unter den Top drei im Endklassement finden. Der einzige spanische Meistertitel der Rot-Weißen aus dem zentral in der Stadt gelegenen Bezirk Nervión datiert aus dem Jahr 1946, Vizechampion wurde man immerhin vier Mal, zuletzt 1957.
Jorge Sampaoli: Bei Sevilla ist der Trainer der Star
Doch seit Sommer weht im Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán ein anderer Wind. Der FC Sevilla hat die Rolle des starken Nebendarstellers satt und will endlich seinen Platz an der erlesenen Tafel der Fußballelite. Dazu schlug Sportdirektor Ramón Rodríguez Verdejo, einfach nur Monchi genannt, vergangenen Sommer auf dem Transfermarkt zu und holte einen echten Star aus Südamerika nach Sevilla.
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— Sevilla Fútbol Club (@SevillaFC) 26. November 2016
Gemeint ist allerdings nicht der Brasilianer Ganso, der noch vor ein paar Jahren als Neymars kongenialer Partner dem nunmehrigen Barcelona-Striker dessen Tore beim FC Santos vorbereitete, sondern vielmehr Jorge Sampaoli. Sevillas schillerndste Neuverpflichtung glänzt nicht auf dem Spielfeld, sondern an der Taktiktafel.
Sampaolis erfolgreiche Arbeit in Chile
Der argentinische Trainer hatte seit Anfang der 2000er-Jahre verschiedene Mannschaften in Perú, Chile und Ecuador betreut, international bekannt wurde er jedoch durch seine erfolgreiche Arbeit bei der chilenischen Nationalmannschaft. Ende 2012 übernahm er die südamerikanische ‚Roja‘ und führte sie zur WM 2014 in Brasilien, wo sie sich dem favorisierten Gastgeber im Achtelfinale erst im Elfmeterschießen geschlagen geben musste. Ein Jahr später feierte Sampaoli mit Chile den Turniersieg bei der Copa América, wo man im Viertelfinale das starke Uruguay mit 1:0 und im Endspiel Argentinien im Elferschießen besiegte.
Anfang Jänner 2016 verließ Sampaoli den chilenischen Verband, doch auch Nachfolger Juan Antonio Pizzi profitierte vom Erbe seines Landsmanns. Durch einen erneuten Finalsieg über Argentinien – wieder nach Elfmeterschießen – gewann Chile im Sommer 2016 auch die Copa América Centenario, das Jubiläumsturnier zum 100-jährigen Bestehen der Südamerikameisterschaft.
Sampaoli: Start nach Maß beim ersten Engagement in Europa
Sampaoli werkt indes seit Juli dieses Jahres, als Nachfolger des zu PSG abgewanderten Unai Emery, in Sevilla und hat seiner neuen Mannschaft bereits seine Siegermentalität eingeimpft. Davon konnte sich lochpass.at Mitte September vor Ort selbst ein Bild machen, als Sevilla im heimischen Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán gegen Las Palmas bis in die Schlussminuten mit 0:1 zurücklag und die Partie dank der Tore von Pablo Sarabia und Carlos Fernández praktisch mit dem Schlusspfiff drehte.
Auch am vergangenen Samstag wollte bei den Andalusiern im Duell der Traditionsklubs gegen den kriselnden FC Valencia nur wenig zusammenlaufen. Weil sich Innenverteidiger Nicolás Pareja eine Viertelstunde vor Spielende aber ein Herz nahm und den Ball vìa Innenstange versenkte, sicherten sich die Rot-Weißen auch diesmal die drei Punkte. Beim Torjubel verwandelten die 32.000 Zuschauer das längst nicht ausverkaufte Sánchez-Pizjuán auch so in einen Hexenkessel, der Coach konnte sich vor Freude gar nicht mehr einkriegen. Fußball à la Sampaoli.
„In der ersten Hälfte waren wir viel zu passiv, in der zweiten haben wir uns dann all unserer Kräfte besonnen, um zu gewinnen.“ – Jorge Sampaoli
„Wir sind mit dem Resultat zufrieden, obwohl wir nicht so gespielt haben, wie wir es vorhatten. Wir hatten einen Gegner, der unbedingt Punkte brauchte und uns die Sache sehr schwer gemacht hat“, sagte der 56-Jährige aus Santa Fe nach dem 2:1-Arbeitssieg. „In der ersten Hälfte waren wir viel zu passiv, in der zweiten haben wir uns dann all unserer Kräfte besonnen, um zu gewinnen.“
FC Sevilla in der Crème de la Crème von ‚La Liga‘
Nach dem achten Sieg im 13. Saisonspiel liegt Sevilla in der Primera División punktegleich mit Barcelona auf Rang drei und zwei Zähler vor dem Vierten Atlético Madrid.
Diese Woche warten auf die Mannen aus Nervión zwei scheinbar leichte Auswärts-Aufgaben: Am Mittwoch (19:00 Uhr) in der Copa del Rey beim Viertligisten SD Formentera und kommenden Samstag das 13:00-Uhr-Spiel (live auf DAZN) beim immer noch sieglosen Tabellenschlusslicht Granada.
Entscheidend wird’s dann am 7. Dezember (20:45 Uhr, live auf Sky) in Lyon, wo sich Sevilla und Olympique im direkten Duell den Achtelfinaleinzug in der Champions League ausspielen. Die Ausgangsposition spricht dank ihres Drei-Punkte-Vorsprungs klar für die Spanier. Solange Sampaolis Schützlinge nicht mit zwei oder mehr Toren Differenz verlieren, stehen sie in der nächsten Runde.
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