Tränen in Valencia: Die ‚Fledermäuse‘ im ungebremsten Sturzflug

Über dem Mestalla-Stadion geht die Sonne unter. Ein Bild, passend zur sportlichen Situation des FC Valencia. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña
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Der FC Valencia taumelt auch unter Italiens Ex-Nationaltrainer Cesare Prandelli von einer Pleite in die nächste. Die Tränen von Talent José Luis Gayà nach der Niederlage in Sevilla als Sinnbild für die Ohnmacht in Mestalla.

Keine zwei Jahrzehnte ist es her, da war der FC Valencia noch eine waschechte Fußballmacht – nicht nur in Spanien, sondern in ganz Europa. Zwischen 1999 und 2004 holte der Großklub von der Levanteküste sechs Titel – den UEFA-Pokal, den europäischen Supercup, zwei spanische Meisterschaften, die Copa del Rey und den nationalen Superpokal – und stand 2000 und 2001 zweimal in Serie im Finale der Champions League.

Und dennoch: Verfolgt man Valencia heute, erscheint einem die letzte Erfolgsära der ‚Fledermäuse‘ umso ferner. Seit zehn Jahren regiert bei einem der prestigeträchtigsten Klubs Spaniens das Chaos – sowohl sportlich, als auch wirtschaftlich. 2009 waren die Schulden auf 550 Millionen Euro angewachsen, die Arbeiten am neuen Stadion im Nordwesten der knapp 800.000-Einwohner-Stadt mussten gestoppt und jahrelang ausgesetzt, Starspieler verkauft werden.

Valencia: Trainer auf dem Schleudersitz

Mit der Übernahme durch den Milliardär Peter Lim, einem Geschäftsmann aus Singapur, sollte sich der Verein wieder konsolidieren. Doch sportlich ging der Schuss nach hinten los. Der Anfang Oktober ins Amt bestellte Cesare Prandelli ist der bereits achte Cheftrainer seit Juli 2012. In den vier Jahren nach dem Weggang von Unai Emery hat sich nur ein Coach – der Portugiese Nuno Espírito Santo – länger als ein Jahr auf dem Schleudersitz in Mestalla gehalten.

Estadio Mestalla: Das Revier der 'Fledermäuse'
Die altehrwürdige Spielstätte liegt mitten in der 800.000-Einwohner-Stadt, keine zwei Kilometer Luftlinie vom historischen Zentrum entfernt. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña
Ein Stadion voller Tradition
Eröffnet wurde das "Camp del València", wie die Arena offiziell in valencianischer Sprache heißt, bereits 1923, mit einem Freundschaftsspiel gegen den Stadtrivalen Levante. Am 14. Oktober 1957 wurde es durch die große Flut des Turia-Flusses in Mitleidenschaft gezogen. Der Wasserstand im Stadion erreichte über vier Meter. Für die Stadt war die Überschwemmung verheerend. Für die WM 1982 in Spanien wurde das Mestalla-Stadion dann umfassend renoviert. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña
Anstrich in den Klubfarben
Ihr heutiges Aussehen verdankt die Spielstätte einer weiteren Adaptierung vor zweieinhalb Jahren. Damals wurden die bis dahin lichtblauen Tribünen in den Klubfarben schwarz-orange gestrichen, was den ohnehin schon immens steilen Tribünen noch mehr an Eindruckskraft verliehen hat. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña
¡Bienvenido a Mestalla!
Nun heißt eine gigantische Fledermaus - das Wappentier des Klubs - die Mannschaften willkommen, wenn diese von den Katakomben unter der Haupttribüne auf das Spielfeld schreiten. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña
Baufällig
So beeindruckend Mestalla auf den ersten Blick aussieht, so baufällig präsentiert sich die Arena bei genauerem Hinschauen. Wie bei vielen anderen spanischen Stadien, zeigt auch die Bausubstanz von Mestalla Verschleißerscheinungen. © lochpass.at/David Mayr
Erfolge
Sieht man der aktuellen Truppe der "Fledermäuse" auf die Beine, mag man kaum glauben, dass sie für einen der erfolgreichsten Klubs Spaniens spielt. Dieses Plakat entlang des Tribünenaufgangs legt Zeugnis der größten Triumphe des Vereins ab. Darunter sechs spanische Meistertitel, sieben Erfolge in der Copa del Rey ein Triumph im UEFA-Cup sowie zwei im Europäischen Supercup. © lochpass.at/David Mayr
"Majestätische Erscheinung"
Seit der letzten Renovierung zeigt sich das Mestalla-Stadion laut Klub-Website in einer "majestätischen Erscheinung". Besonders imposant sind die steilen Tribünenränge, wodurch die Fans noch näher am Spielgeschehen sind. 55.000 Zuschauer finden in der eng gebauten Arena Platz. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña
Der Schachzug des Rafa Benítez
Nun werfen wir einen Blick in die Katakomben des Stadions. Seine bisher letzte große Ära erlebte der FC Valencia unter Trainer Rafael Benítez Anfang bis Mitte der 2000er-Jahre. Bevor der Madrilene im Juli 2001 das Traineramt übernahm, war die Kabine der Heimmannschaft umgebaut und luxuriös ausgestattet worden. Der neue Coach ließ die Möblierung bei seinem Amtsantritt allerdings gleich wieder ausbauen und in die Kabine der Gäste verfrachten. Seine Spieler sollten vor dem Match konzentriert und fokussiert und nicht relaxed sein. © lochpass.at/David Mayr
Gläubig
Auch gibt es im Mestalla-Stadion eine kleine Kapelle, eine Parallele zum Camp Nou des FC Barcelona. Über die Kabine des FC Valencia wacht außerdem diese Marienstatue. © lochpass.at/David Mayr
Berühmte Zitate
Im Pressesaal von Mestalla zieren legendäre Zitate dreier Trainergrößen Valencias die Wand. "Wir haben etwas sehr Wichtiges erreicht. Die Titel sind da, aber vor allem haben wir es geschafft, der Mannschaft Stolz und Siegermentalität zu geben", sagte etwa der bereits erwähnte Rafael Benítez. © lochpass.at/David Mayr
Zwischenlösung
So großartig das Mestalla in seinem schwarz-orangen Anstrich mitten in Valencia auch aussieht, es handelt sich dabei eigentlich nur um eine Zwischenlösung. 2007 wurde im Nordwesten der Stadt mit dem Bau einer neuen, topmodernen Arena begonnen, zwei Jahre später waren die Arbeiten wegen Geldmangels aber wieder eingestellt. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña
Warten auf Nou Mestalla
Nun soll das neue Mestalla endlich weiter - und bis 2020 fertiggebaut werden. Bis dahin gehen die 'Fledermäuse' an ihrer alten Wirkungsstätte auf Beutejagd. © valenciacf.com/Lázaro de la Peña

 

Doch auch Prandelli, mit Italien 2012 immerhin Vizeeuropameister, war in seinen ersten zwei Monaten im Amt nicht in der Lage, die Talfahrt zu stoppen. Seit fünf Runden ist Valencia in der Primera División schon wieder ohne Sieg und liegt als Tabellen-16. nur zwei Zähler vor einem Abstiegsplatz.

Valencia-Verteidiger Gayà: „Uns gelingt einfach nichts“

Vergangenen Samstag verlor Prandellis Team beim FC Sevilla. Unglücklich, aber dafür gibt’s keine Punkte. Es war die achte Niederlage im 13. Ligaspiel. „Wir sind in einer Situation, in der uns einfach nichts gelingt“, war José Luis Gayà nach dem knappen 1:2 aus Sicht seiner Mannschaft ratlos. Kurz zuvor hatte der 21-jährige Linksverteidiger noch die Riesenchance auf den Ausgleich am Fuß gehabt, doch Sevillas Torhüter Sergio Rico parierte seinen scharfen Schuss aus kurzer Distanz in der Nachspielzeit mit einem sensationellen Reflex.

„Am Ende der Saison werden wir sehen, wer dann singen wird.“ – Cesare Prandelli

Mit einem Punkt hätte sich Valencia zumindest eine Brise Luft verschafft, denn sämtliche dahinter klassierten Teams gingen an diesem Spieltag ebenfalls als Verlierer vom Platz. Dessen war sich Gayà noch gar nicht bewusst, als er nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Carlos del Cerro Grande aus Madrid die Tränen nicht zurückhalten konnte. Sevilla-Schlussmann Rico war der erste, der ihm Trost spendete.

Prandelli bleibt nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass seine Schützlinge schnellstmöglich – am besten schon am Dienstag im Copa-Hinspiel bei Leganés (20:00 Uhr) – wieder den Weg auf die Siegerstraße finden. Vielleicht dienten ja die Schmähgesänge der Sevilla-Fans am Samstag als Zusatzmotivation. „A segunda“ – ab in Liga 2 – hatten diese im Estadio Ramón Sánchez-Pizjuán angestimmt. „Am Ende der Saison werden wir sehen, wer dann singen wird“, übte sich Prandelli im Zweckoptimismus.

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